Interessant erweist sich zum Beispiel Gabriele Mathes’ aktueller Kurzspielfilm Flaschenpost, der in Graz als Uraufführung gezeigt wird. Wie in einer Glasflasche haben Aufnahmen der Filmemacherin aus den 1980er Jahren im Schutz einer alten Homevideo- Kamera ins Heute überdauert. Mathes montiert die Aufnahmen aus vergangenem Alltag, Anti-Waldheimdemos und Studierendenprotesten zu einer filmischen Reflexion über ihre damalige Beziehung und deren ungewöhnlich heftiges Ende. Private Geschichte trifft hier auf Zeitdokument, gewitzt zusammengehalten von den Erzählungen der Filmemacherin selbst.
Auch Clara Sterns Festivalbeitrag Die Inseln, die wir sind behandelt das Ende einer Beziehung – allerdings etwas weniger drastisch. Zurück in Wien blickt die Hauptdarstellerin, gespielt von Nachwuchstalent Emily Cox (Die Vaterlosen), zurück auf die gemeinsame Zeit mit Liza in Amsterdam. Sehnsüchtig begibt sie sich noch einmal in die Stadt ihres Erasmus-Jahres, um zu erfahren, dass sich die Uhr nicht zurückdrehen lässt, manche Gefühlszustände einfach unwiederbringlich zurückgelassen werden müssen. Die Inseln, die wir sind wird gemeinsam mit Flaschenpost und Maximilian Liebichs Das Labyrinth unter der Sonne im Kurzspielfilmprogramm 2 zu sehen sein. Liebich, im Vorjahr ausgezeichnet mit dem Preis für den besten Nachwuchsfilm, begleitet ein junges Mädchen bei ihren Erkundungen im Wald. Selbstvergessen verlieren sich Protagonistin und Bild in der Tiefe der mystischen Licht- und Schattenwelt.
Ein Highlight in der diesjährigen Langspielfilm-Sektion ist Stillleben von Regisseur Sebastian Meise. Protagonist Bernhard ertappt darin seinen Vater beim Bordellbesuch und kommt dessen pädophilen Gefühlen für die eigene Tochter auf die Schliche. Parallel zu den Dreharbeiten zu diesem mutigen Langfilmdebüt hat das Team um Regisseur Sebastian Meise den Dokumentarfilm Outing realisiert und darin einen jungen pädophilen Mann über Jahre hinweg begleitet. Seit seinem 15. Lebensjahr weiß der Protagonist von seiner Veranlagung, deren Ausleben er aber strikt verweigert. Mit zunehmender Filmdauer verschwimmen die selbst auferlegten Grenzen, die er sich hinsichtlich des Umgangs mit Minderjährigen gesteckt hat. Er bricht sein Schweigen, stellvertretend für rund 250.000 Personen, die laut Studien alleine in Deutschland mit pädosexuellen Präferenzen leben ohne jemals übergriffig zu werden. Beide Filme von Regisseur Meise sind im Auswahlprogramm der Diagonale vertreten. Neben Outing zeugt eine Vielzahl von Arbeiten von der bemerkenswerten Qualität des dokumentarischen Filmschaffens in Österreich. Eine davon porträtiert das streitbare Regie-Enfant terrible Peter Kern, dessen aktueller Spielfilm Glaube, Liebe, Tod bereits auf der Berlinale gefeiert wurde und auch im Diagonale-Programm vertreten ist. Kern thematisiert die ungewöhnliche Biografie des Wiener Filmemachers und seine Einstellung zu Politik, Leben und filmischer Ausdrucksweise.
Seit Jahren erfreuen sich bei der Diagonale auch die kurzen dokumentarischen Formate regen Publikumsinteresses. Insgesamt 5 Kurzdokumentarfilmprogramme versammeln 11 Arbeiten unter 60 Minuten Spielzeit, darunter auch Das persische Krokodil von Houchang Allahyari (Bock for President). Allahyari beobachtet eine ungewöhnliche Auseinandersetzung ungleicher Rivalen: Zwei Wildfänger bemühen sich um die Rettung eines in einer Wasserzisterne gefangenen Krokodils, das die eigentlichen Retter naturgemäß als Bedrohung wahrnimmt. Ein ungewöhnlich respektvolles Kräfteringen Mensch gegen Tier nimmt seinen Lauf – und mitunter komische Wendungen. Auch bei Regisseur Nikolaus Geyrhalter steht wieder das genaue Beobachten des Alltags im Vordergrund. Nachdem er das Diagonale-Eröffnungspublikum im Vorjahr mit dem bildgewaltigen Film-Essay Abendland begeistern konnte, präsentiert er 2012 seinen neuesten Film Donauspital als Weltpremiere. Dieses Mal richtet er seinen konzentrierten Blick auf das Wiener SMZ Ost und die Vorgänge im Inneren des faszinierenden Mikrokosmos. Gewohnt kommentarlos verfolgen wir die routinierten Abläufe im hoch technologisierten Krankenhausbetrieb – zwischen OP-Tisch, Hubschrauberlandeplatz und Kantine. Als internationaler Filmgast der Diagonale wird 2012 der bedeutende israelische Dokumentarfilmemacher Avi Mograbi erwartet.
Neben einer exklusiven, begehbaren Installation in der Grazer ESC im LABOR werden sämtliche seiner Langfilme und ein Querschnitt seines Kurzfilmschaffens zur Aufführung kommen. Die diesjährige Personale ist dem österreichischen Avantgardefilmemacher Ferry Radax gewidmet. In seinen 60 Schaffensjahren hat Radax knapp 130 Filme realisiert. Gemeinsam ist ihnen das radikale Unterlaufen von Erwartungshaltungen und der Wille zum Experiment, der dem 80-jährigen Film-Solitär bis heute attestiert werden kann. Die Retrospektive im Rahmen der Diagonale ist eine seltene Gelegenheit das Kino Radax’ in der Fülle seiner Ausdrucksformen kennenzulernen. Der Filmemacher wird in Graz anwesend sein.
Neben der natürlich zentralen Filmschau bietet die Diagonale außerdem ein breit gefächertes Angebot an Diskussionsveranstaltungen und Partys. So zum Beispiel im Rahmen der allabendlichen Nightline in der Grazer Postgarage mit einem Livekonzert von Lonely Drifter Karen und dem Live Film Konzert „Fool’s Island Project“. Auch dafür muss im Rahmen eines Festivals schließlich Platz sein.
Es freut uns ganz besonders, dass wir auch in diesem Jahr fünf Goodies zur Verfügung gestellt bekommen haben. Die Libelle verlost in Kooperation mit der Diagonale folgende Preise:
1. Preis: 1 x 6er Block für die Diagonale 2012 (max. 2 Tickets pro Vorstellung)
2. Preis: 1 Falter-Halbjahres-Abo
3. Preis: 1 x 2 Diagonale Tickets + 1 Katalog
4. Preis: ein Jahresabo von „the gap“
5. Preis: 1 Falter Tasche
Das alles gibt’s natürlich nicht geschenkt, sondern ist mit einer kniffligen Gewinnfrage verbunden. (Diese lässt sich aber durch einen Besuch auf der Diagonale-Homepage sehr schnell lösen). Gewinnfrage: Wie heißt die Regisseurin des letztjährigen Diagonale-Preisträgerfilms „Die Vaterlosen“? Die Antwort bitte bis spätestens Sonntag, 18. März 2012 per E-Mail mit dem Betreff „Diagonale 2012“ an gewinnspiel@oehunigraz.at senden. Die Preise werden unter den richtigen Einsendungen verlost. Die Verständigung der GewinnerInnen erfolgt per E-Mail.
Alle Infos zur Diagonale 2012 unter www.diagonale.at. Das detaillierte Filmprogramm wird am 9. März bekanntgegeben. Programminfos & Tickets: 0316 822 81 822 – der Ticket-Vorverkauf startet am 14. März.