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Unfreiwillige Beschallung

Man kennt die Situation. Man kommt in ein Geschäft, auf der Suche nach einem Apfel/Drink für zwischendurch und wird plötzlich mit einem Schwarm von Mainstreamgedudel überflutet. Der Name dieser Musikrichtung: Muzak. Geprägt wurde der Name von der Firma Muzak Inc., die damit Musik bezeichnet, die von HörerInnen unbewusst wahrgenommen werden soll. Ziel ist es, sie heiter zu stimmen und eine entspannte Atmosphäre beim Einkauf oder beim Arbeiten zu schaffen.

Muzak bezeichnet dabei eine spezielle Untergruppe von funktioneller Musik. Im Allgemeinen kann man funktionelle Musik eher mit musikalischen Stücken wie den Rainer Marsch, das Voyager Theme, den Walkürenritt und Schuberts Ave Maria verglichen werden. Gemein ist diesen Stücken, dass sie nicht nur Musik, sondern auch Gefühle vermitteln sollen. Doch speziell Muzak wird oft mit seichter Unterhaltungsmusik gleichgesetzt: Shakira meets Lady Gaga meets Trackshittaz meets Eminem meets Beyonce oder wie sie alle heißen. Sündiger Pop trifft geilen Techno, um es in popkultureller Sprache zu formulieren. Den KonsumentInnen gefällt es anscheinend. Moment. Wer ist in diesem Fall eigentlich der Konsument oder die Konsumentin, die gemeint sind? Wird damit die Summe aller KonsumentInnen gemeint, die in das beschallte Geschäft kommen? Die ehrlichste Antwort ist ein „Nein, eigentlich nicht“. Es sind die sogenannten DurchschnittskonsumentInnen, denen diese Art von Musik angeblich gefallen soll und zum freudigeren Konsumieren und öfteren Frequentieren des Geschäftes anregen soll. Ein guter Grund, unsere KundInnen zu beschallen, mag sich so manch pfiffige Geschäftsleitung denken. Der GEMA bereitet es Vergnügen, immerhin verdient sie ja auch daran. Ein Vergnügen, das sich bei vielen KonsumentInnen in Grenzen hält, sofern sie nicht die Gabe haben, Muzak auszublenden.

Deswegen stellte zum Beispiel die bekannte Initiative gegen Zwangsbeschallung „Beschallungsfrei“ eine Liste auf in der betont wurde, dass niemand das verbriefte Recht habe, jemanden mit Hintergrundmusik zu beschallen. Sehr kritisiert wurde auch, dass mandie Wehrlosigkeit der menschlichen Ohren ausnütze, was bei Dauerbeschallung bewiesenermaßen krankmache und nur dazu diene, den Wohlfühlfaktor zu steigern und eventuelle Geräuschkulissen durch Klimaanlagen und Rolltreppen zu kaschieren. Oftmals wird auch behauptet, dass es umsatzfördernd sei, seinen Betrieb mit Musik zu fluten – obwohl es dafür bis heute keine eindeutigen Beweise gibt. Die meisten Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Man kann daher nur davon ausgehen, dass es davon abhängt, wie die individuellen musikalischen Präferenzen der KonsumentInnen vor Ort sind. Große Handelsketten, die komplett auf Hintergrundmusik verzichtet, laufen sehr profitabel. Auch das legt die Vermutung nahe, Muzak sei in Handelsketten nicht unbedingt notwendig.

Doch auch außerhalb von Geschäften treffen wir auf Zwangsbeschallung. Auch das Läuten von Kirchenglocken wird heutzutage von einigen als unangenehm empfunden. Glockengeläut ist eigentlich dafür gedacht um Anlässe oder auch Uhrzeiten anzukündigen, doch wird Kirchengeläute in der Nacht von vielen als störend empfunden. So fordert die Schweizer Initiative IG Stiller einen Läutstopp innerhalb der Ruhezeiten, da Glockengeläute in der Nacht manchen den Schlaf raube.

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