Allgemein

¡VIVA LA FICCIÓN! Vor- und Nachteile des Guerilla Filmmaking

Auch wenn ich es nicht immer gerne so dezidiert formulieren wollte, kommt dieser Satz meinem Credo als Drehbuchautor doch recht nahe. Und in den letzten zweieinhalb Jahren hab ich‘s selbst erleben können, wie sehr das Vertrauen in eine Geschichte belohnt werden kann … sogar wenn alle Umstände dagegen zu sein scheinen: Die Arbeit für Pilotfilm, Hörspiel, Groschenhefte und Blog zur Grazer Mystery-Serie PANTHERION wurde diesbezüglich zu einem ausgesprochenen Lehrstück. Sie brachte mich zwar einerseits an die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit, andererseits aber auch über die Grenzen dessen hinaus, was ich mir über die Möglichkeiten filmischen Erzählens vorzustellen vermochte. Als wir ohne Budget/Equipment/Crew/Businessplan/ Drehgenehmigungen starteten, waren wir uns darüber im Klaren, dass wir uns auf ein Abenteuer mit äußerst unbestimmtem Ausgang einlassen würden – doch letztlich reduzierte sich alles auf die Frage: „Wollen wir uns monatelang mit der Bürokratie von Förderansuchen abmühen oder einen Film machen?“ Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Hürden, die wir durch eine vollkommen unabhängige Produktion zu nehmen hatten, waren nicht ohne. Mehr als einmal stand das gesamte Projekt auf der Kippe. Aber (und ich denke, das war einer der entscheidendsten Aspekte, der zum Erfolg dieser Guerilla-Aktion geführt hat) kein einziges Mal zweifelten wir daran, dass wir diesen Film drehen würden, wie auch immer. Ja, es würde Nerven kosten. Ja, es würde viele geben, die ihn befremdend fänden. Und ja, er würde entsprechend amateurhaft werden. Aber das war eine bewusste Entscheidung.

Dafür konnten wir es uns aussuchen, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die wir mochten. Wir waren frei, die bemüht konstruierte Trennung zwischen „ernsthafter“ und „unterhaltender“ Kunst zu ignorieren und unsere Geschichte zu erzählen, ohne dass uns ein Marketingexperte dazwischenfunkte, der wusste, was „das Publikum will“. Ohne die Hilfe eines Studios waren wir buchstäblich jeden Tag auf unsere Improvisationsfähigkeit angewiesen – und auf Unterstützung aus anderen Sphären. Nicht umsonst gab es ja den einen oder anderen im Produktionsstab, der magisch arbeitet. So konnten wir uns auch persönlich wesentlich tiefer und authentischer auf die paranormalen Hintergründe unseres Stoffs einlassen als es bei einer herkömmlichen Produktion üblich wäre. Wir waren frei, die Materie so ernst zu nehmen wie wir wollten, in sie einzutauchen und damit zu experimentieren, sie für real zu halten … und auf diese Weise Graz und uns selbst zu verzaubern. So konnten wir tatsächlich bald nach Belieben von einer Realität in die andere switchen. Mit allen Konsequenzen natürlich. Denn, wie Neil Gaiman es in einem Interview mit der Zeitschrift GNOSIS ausgedrückt hat:
If you are going to write about real things, or real things that many people don’t believe to be real, you have to write all about it. […] Any mythos, any system of belief that is genuine and real and not some artsyfartsy little construct has dephts. They go down a long way, and there are things moving in those dephts, and very often you walk down to the dephts before you can get back. That’s one of the deals. […] But the further you go back in fairy lore, the stranger and the darker – and very occasionally, the brighter – they get. You have to take both.

Dass man dadurch verändert wird, versteht sich von selbst. Fiktion formt (unsere Wahrnehmung der) Realität; insofern wurde aus unserem Abenteuer nicht nur das bislang größte Independent-Projekt Österreichs, sondern auch eine mythomagische Entdeckungsreise. Auch wenn es jetzt sehr pathetisch klingen mag: Zu den Highlights meiner persönlichen Erfahrungen als Creator und Showrunner der PANTHERION-Welt gehört es, dass ich gemeinsam mit allen Beteiligten dem Wesen des Geschichtenerzählens bewusst nachspüren und die Beziehung zwischen Fiktion und Bewusstsein ein klein wenig ausloten konnte. Und allein dafür hat sich der ganze Aufwand gelohnt. Es leben die Geschichten!

„Pantherion“ in voller Länge auf Youtube: http://youtu.be/4QU8kVkB_hY

Back To Top