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Luken dicht! Ein Institut taucht ab.

Seit diesem Semester können die LVen der Psychologie nur noch von Studierenden besucht werden, die diese Fächer als Pflicht- oder Wahlpflichfach in ihrem Curriculum vorgeschrieben haben. Studierende anderer Fächer, die sich für Psychologie interessieren und LVen aus dem Studium als Freifächer absolvieren möchten, können eine abgespeckte Ringvorlesung (602.057) besuchen, welche die Inhalte aus über 15 (!) verschiedenen Psychologie-Vorlesungen in nur drei ECTS zusammenfassen soll. Die Fragwürdigkeit der Interpretation des §124b (UG 2002), die dies möglich macht, wird nur durch die der Beweggründe des Instituts übertroffen, sie anzuwenden.

Das Institut behauptet, dass die bisher hohen Anmeldezahlen (besonders bei der beliebten Entwicklungspsychologie- VO) Probleme mit der Brandschutzverordnung zur Folge hatten und mehr Prüfungsbogen zu korrigieren wären – was angesichts der moderaten Anwesenheit in späteren Einheiten und Multiple-Choice-Tests eher vorgeschobene Gründe sein dürften. Was steckt also dahinter? Wild spekuliert dürfte es wie so oft im akademischen Leben eine Mischung aus persönlichen Befindlichkeiten und Geld sein. Aus Sicht des Institutes sollen wohl zwei Probleme durch die Beschränkung gelöst werden: Einerseits sind einige Psycho-VOen bei fachverwandten Studien (Pädagogik, Soziologie) sehr beliebt, was wohl einigen Lehrenden sauer aufstößt, andererseits die bisher praktizierte Umgehungsmöglichkeit des Aufnahmetests zur Psychologie: Über die Anrechnung von LVen konnten Studierende bisher den Aufnahmetest ein Jahr später wiederholen, ohne nennenswert an Studienzeit verloren zu haben. Umgehung des Aufnahmetests bedeutet, dass sich Studierende in andere Studien inskribieren können (was auch nach der Inskriptionsfrist noch möglich ist, wenn man den Test nicht besteht) und über diese Studien die Psychologie-LVen besuchen können. Für die Uni ist das eine Geldfrage: Wenn Studierende die „Ausweichstudien“ wieder schließen, ergibt das eine künstliche Drop-Out- Quote (die für jedes Studium einzeln berechnet wird). Schlechte Quoten wiederum schwächen die Geldflüsse aus dem Ministerium.

Bemerkenswert ist, dass dieser Verlust künstlich geschaffen ist: Wer die LVen erst über ein anderes Studium absolviert und danach den Test besteht (die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch: die Testsituation ist bekannt, das Vorwissen groß), benötigt die LVen danach nicht mehr und nimmt so keine zusätzlichen Plätze in Anspruch.

Weiters wird die Regelung die bisherigen Probleme nicht entschärfen, sondern gravierender machen: Der Test kann weiterhin so umgangen werden, dass fast das gesamte erste Jahr des Psychologie-Bachelors abgedeckt ist – Studierende (und damit die Uni) haben nur etwas mehr Verwaltungsaufwand, die Drop-Out-Rate wird sogar höher. Viel drastischer wird es, wenn langfristig planende Pädagogik- oder Soziologie- Studierende den Zulassungstest „auf Vorrat“ versuchen und sich für Psychologie inskribieren, wenn sie ihre freien Wahlfächer in der Psychologie belegen wollen. Schon allein dadurch, die Testsituation an der Uni gewohnt zu sein, steigen deren Chancen, den Test zu bestehen – ganz zu schweigen von ihren bereits im Studium erworbenen Kenntnisse des Teststoffes.

Dies alles hätte das Institut für Psychologie vorhersehen können, es hat sich aber entgegen dem Widerstand der ÖH und der Studienvertretung Psychologie dazu entschieden, die LVen zu sperren. Das Institut beteuert, dass die Regelung den „eigenen“ Studierenden zugute komme. Gemeint sind natürlich die Psychologie-Studierenden, zu deren „Schutz“ man nun innerhalb der Uni die Luken dicht macht und damit interdisziplinär auf Tauchstation geht. Dass dies dem Bologna-Gedanken widerspricht und langfristig dem wissenschaftlichen Ruf der Uni Graz schaden wird, kann man als Ideologie abtun. Dass die Psychologie-Studierenden selbst aber die größten Leidtragenden der Regelung sind, nicht: Die Universität ist dazu gezwungen, die oben angesprochene Interpretation des §124b nun auch auf den Psychologie-Master anzuwenden und den Bachelor-Studierenden jegliche Vorgriffe auf Master- Lehrveranstaltungen zu untersagen. Gemeinsam mit den Wartezeiten auf den nur einmal pro Jahr angebotenen Master-Zulassungstest ist mit einem Rückstau an Studierenden zu rechnen, die keine Prüfungen ablegen können.

Aber noch ist nicht alles verloren. Das Institut müsste nur das Telefon in die Hand nehmen und eingestehen, dass die Konsequenzen nicht gründlich genug überdacht wurden und es wünscht, die Regelung wieder aufzuheben. Persönliche Befindlichkeiten müssen hier eindeutig hintan gestellt werden. Es wäre für das Institut ein Leichtes, wieder ans Reißbrett zurückzukehren, sofern der Wille dazu besteht. Zweifellos gibt es Probleme am Psychologie-Institut. Diese müssen aber klar benannt werden und dürfen nicht hinter Brandschutzbestimmungen versteckt werden, wenn gemeinsam mit den Studierenden eine Lösung ausgearbeitet werden soll.

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