Böttcher / Küfer
Rainer Werner hieß so, war aber keiner: ein Fassbinder. Diese uralte und ehrwürdige Kunst, deren Meister sich mit der Herstellung von Holzfässern aller Art beschäftigen, war schon den alten Römern bekannt. In der heutigen Zeit, wo sich Flüssigkeitslagerung immer mehr im hochsterilen Metallund Kunststofftankbereich abspielt, werden die Kübler oder Simmermacher, wie sie auch genannt werden, immer weniger gebraucht. Ihre letzten großen Märkte sind Wein und Holzbadewannen – Nischen, in denen sie sich aber hoffentlich behaupten können. Denn woher bekäme man sonst die Quasi-Ski für die im Brauchtum vor allem in der Faschingszeit so beliebten Fassdaubenrennen?
Schäfer / Schafhirte
Die Rechnung ist eigentlich ganz einfach. Ein Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe bedingt einen Rückgang der landwirtschaftlichen Spezialberufe. Schafe sind nicht unbedingt die spannendsten unter den Tieren, mit denen man beruflich zusammenarbeiten möchte, und immer weniger junge Leute entscheiden sich – falls sie überhaupt einen landwirtschaftlichen Beruf anstreben – für die Spezialisierung „Schaf“. Um die Herzen für die knuffigen Woll- und Kotelette- Lieferanten zu erwärmen, empfehlen sich Filme wie „Ein Schweinchen namens Babe“ oder „Black Sheep“ (Werschafe! Genmanipulierte Killer- Werschafe!!!). Und um die Rechnung weiterzuspinnen: je weniger Schaf, desto weniger abgegraste Alm, desto mehr Verwuchs, desto weniger schöne Wandergebiete. Leider.
Pflanzenärztin
Voraussetzung ist ein Studium der Agrarbiologie oder Biologie. Hat man das hinter sich, darf man landwirtschaftliche ErzeugerInnen und die Düngemittelindustrie beraten, Pflanzenkrankheiten diagnostizieren und Bäume abhören (kein Scherz). Dieser Beruf ist von großer Bedeutung für das öffentliche Wohl, da es hier vorrangig darum geht, potentielle großflächige Seuchen, Schädlingsbefall und ähnliches früh zu erkennen und einzudämmen, um Naturkatastrophen wie etwa dem Waldsterben vorzubeugen. Im Job spart man sich dann zusätzlich noch eine Menge Papierkram, weil Bäume (noch) keine Sozialversicherungsnummern haben.
Ghostwriter / Redenschreiberin
Nicht jeder, der eine Rede hält oder seine Memoiren verkauft, hat auch das zugehörige Talent zum Verfassen derselben. Zum Glück gibt’s viele motivierte Schreiberlinge mit viel literarischem Talent, die aber nicht bedeutend genug sind, um ihre eigene Meinung oder Geschichte verkaufen zu können. Diese Leute schreiben dann gern mal für andere. Lob gibt’s keines, Anerkennung auch nicht, aber dafür verhältnismäßig gutes Geld. Sehr beliebt bei Parteien und alternden Schauspielern, ist es in manchen Branchen selbstverständlich und gehört fast zum guten Ton, sich einen solchen Geheimschreiber zu halten und zählt – trotz aller Skandale, die zu dem Thema immer wieder aufgegriffen werden – nicht als Plagiat, sondern als kreatives Outsourcing.
Exobiologin
Mulder und Scully hängen als Poster an der Wand, Roswell ist das beliebteste Ziel für Geschäftsreisen und verschwommene Fotos sind heilige Reliquien. Die Exobiologin, auch Xenobiologin oder Kosmobiologin, beschäftigt sich mit der Existenz, Entstehung und überhaupt allgemein mit Leben – allerdings außerhalb der Erde. Hauptarbeitgeberin ist seit 1959 die NASA, ein abgeschlossenes naturwissenschaftliches Studium ist ein Muss, ein tiefer Glaube daran, dass wir nicht allein sind, ist vorteilhaft. Die Sowjetunion ging einstmals noch einen Schritt weiter und gründete ein eigenes Institut für Astrobotanik. Was im ersten Moment wie ein Scherz klingt, ist eine ernsthafte Wissenschaft, die sich mit der Entstehung und Entwicklung von Planeten, geochemischen Prozessen und allem, was dazugehört, befasst, um so Aufschlüsse darüber zu erhalten, wie unsere Evolution vonstatten geht. Und auch ein bisschen darüber zu spekulieren, wie unter anderen Voraussetzungen in anderen Galaxien Evolution vonstattengehen könnte. Allein oder nicht allein? Für Exobiologinnen ist das die Frage…
Plastinateur
Der Plastinateur beschäftigt sich damit, nach der von Gunther von Hagens an der Universität Heidelberg entwickelten Methode Zellflüssigkeit im Vakuum durch Kunststoff zu ersetzen und so große organische Präparate herzustellen. Vereinfacht gesagt macht er Plastik aus etwas, das lebendig war, um es so geruchsfrei und vor Verwesung, Schrumpfung oder Zerfall gefeit für die Nachwelt festzuhalten. Der Beruf wird selten benötigt, man erwartet von den Probanden Genauigkeit und eine ruhige Hand und es gibt auch, spätestens beim Plastinieren von ganzen Menschen, einen gewissen, nicht ganz von der Hand zu weisenden Grusel- bzw. auch Ethikfaktor. So wurden in den letzten Jahren etwa Vorwürfe laut, dass zu medizinischen und Ausbildungszwecken das eine oder andere Hinrichtungsopfer verwendet wurde, und manch eine Körperspende zweifelhafter Herkunft sei. Interessierten empfiehlt sich ein Besuch des Plastinariums in Guben, Brandenburg, wo man dem Plastinateur bei seinem Handwerk im Staatsdienst über die Schulter schauen darf.