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Die artenreichste Tiergruppe der Welt: Insekten

Die Österreichische Entomologische Gesellschaft (ÖEG) stellt sich vor

Eine Arbeiterin der in Mitteleuropa seltenen Sklaven haltenden Amazonenameise Polyergus rufescens im Kampf mit einer kleineren und kaum auf Artniveau bestimmbaren Rasenameise Tetramorium (Hymenoptera: Formicidae). (Foto: G. Kunz)
Eine Arbeiterin der in Mitteleuropa seltenen Sklaven haltenden Amazonenameise Polyergus rufescens im Kampf mit einer kleineren und kaum auf Artniveau bestimmbaren Rasenameise Tetramorium (Hymenoptera: Formicidae). (Foto: G. Kunz)

 

Von Herbert Christian Wagner

 

Entomologie – die Wissenschaft der Insekten

Das Forschungsgebiet „Entomologie“ befasst sich mit der artenreichsten Tiergruppe der Welt – mit den Insekten. Zu dieser unüberschaubar vielfältigen Klasse gehören beispielsweise Ordnungen wie Käfer, Schmetterlinge, Hautflügler, Heuschrecken, Zweiflügler, Wanzen, Springschwänze oder Libellen.

Da sich alle Insekten auf eine gemeinsame Abstammungsgeschichte zurückführen lassen, gibt es grundlegende morphologische Übereinstimmungen: Das typischste Insekten-Merkmal sind sicherlich ihre sechs Beine. Der Körper ist in Kopf, Mittel- und Hinterleib gegliedert, die meisten Insekten besitzen Flügel. Im Laufe der Evolution der letzten 400 Millionen Jahre hat sich aufbauend auf diese Grundmerkmale eine enorme Formenvielfalt entwickelt. Weltweit vermutet man die Existenz mehrerer Millionen Insektenarten, über die Hälfte davon dürfte noch unbeschrieben sein.

Der Laie ist oft darüber erstaunt, dass man – in Zeiten wo man das menschliche Genom vollständig entschlüsselt hat – selbst von den heimischen Insekten erst sehr wenige Arten im Detail untersucht hat. Tatsächlich gibt es bis heute große Lücken in der Erforschung der meisten Insektengruppen Europas, immer noch sind Biologie, Ökologie, Verbreitung oder selbst die genauen Artgrenzen nicht ausreichend verstanden. Es gibt also viele Geheimnisse in unserer Insektenwelt, die darauf warten von Forschern der nächsten Generation entdeckt zu werden!

So unterschiedlich wie die Insekten selbst ist auch das Betätigungsfeld der Entomologen: Diese befassen sich mit Faunistik, Naturschutz, Systematik, Physiologie, Morphologie, Evolutionsforschung, Genetik, Verhalten oder angewandter Entomologie. Aus Sicht der Biodiversitätsforschung steht die Entomologie im Zentrum des zoologischen Interesses. Eine Berufsaussicht bietet heute neben Anstellungen an Museen und Universitäten vor allem die Verwendung von Insekten für naturschutzfachliche Gutachten, sowie in der Arbeit mit „Schädlingen“ und „Nützlingen“.

 

Die Gehöckte Krabbenspinne Thomisus onustus (Araneae: Thomisidae) kommt in wärmebegünstigten Gebieten Ostösterreichs vor und wird Richtung Südeuropa häufiger. Hier hat ein Individuum eine Zwergzikade erbeutet. (Foto: G. Kunz)
Die Gehöckte Krabbenspinne Thomisus onustus (Araneae: Thomisidae) kommt in wärmebegünstigten Gebieten Ostösterreichs vor und wird Richtung Südeuropa häufiger. Hier hat ein Individuum eine Zwergzikade erbeutet. (Foto: G. Kunz)

 

 

Was macht eine Entomologische Gesellschaft?

Die Österreichische Entomologische Gesellschaft (ÖEG), gegründet im Jahre 1975, sieht ihren Hauptzweck in der gemeinnützigen Förderung der Insektenforschung in Österreich sowie angrenzender Gebiete. Traditionell werden zusätzlich zu den Insekten auch weitere Gliedertiere wie Spinnentiere, Hundert- und Tausendfüßer berücksichtigt. Wir sehen es als lohnendes Ziel das Wissen über unsere Insektenwelt zu erhalten, zu vermehren und dafür die ÖEG als Gesellschaft stärker auszubauen. Auch wollen wir die Entomologie in Österreich bei internationalen Veranstaltungen repräsentieren. Es ist uns zudem wichtig, den Austausch von Daten und Material zu ermöglichen sowie Kontakte zwischen den EntomologInnen und zur Öffentlichkeit herzustellen. Gerade dieser Aspekt bietet unseren NachwuchsforscherInnen die Möglichkeit, direkten Kontakt zu den WissenschaftlerInnen zu finden und führende ExpertInnen persönlich kennen zu lernen. Da Informationen über Insekten (sowie zur Biologie allgemein) aus den Medien sich oft vorwiegend aus Halb- und Unwissen zusammensetzen, ist der Kontakt zu den ForscherInnen für potentielle EntomologInnen der Zukunft essentiell.

Die metallisch bunt schillernden Goldwespen (Hymenoptera: Chrysididae) kann man oft im Frühjahr z. B. in der Nähe von Wildbienenkolonien beobachten. Als Parasiten legen sie ihre Eier in die Nisthöhlen der Bienen; die Larven fressen die Wirtslarven und die Nahrungsvorräte in der Nistkammer. (Foto: G. Kunz)
Die metallisch bunt schillernden Goldwespen (Hymenoptera: Chrysididae) kann man oft im Frühjahr z. B. in der Nähe von Wildbienenkolonien beobachten. Als Parasiten legen sie ihre Eier in die Nisthöhlen der Bienen; die Larven fressen die Wirtslarven und die Nahrungsvorräte in der Nistkammer. (Foto: G. Kunz)

 

 

Die Zahl der EntomologInnen nimmt leider seit einiger Zeit ab. Bedingt durch eine Zunahme der internationalen Konkurrenz und des wirtschaftlichen Drucks musste die klassische Zoologie auf unseren Universitäten in den letzten Jahrzehnten zunehmend methodenzentrierten oder molekularen Disziplinen weichen. Folglich fehlen bereits heute in Österreich Spezialisten für viele Insektengruppen. Durch diesen Wandel in der Biologie sowie durch den allgemeinen Rückgang eines staatlichen Interesses an der Grundlagenforschung gewinnt unsere Organisation aktuell an Bedeutung, so dass wir uns heute als eine der zentralen Anlaufstelle für entomologisch interessierte Personen aus Österreich und Nachbarregionen sehen.

 

Die rosarote Form des Europäischen Laternenträgers Dictyophara europaea (Auchenorrhyncha: Dictyopharidae) ist viel seltener als die „normale“ grüne Farbmorphe. Der Europäische Laternenträger bewohnt magere und warme Wiesen. (Foto: G. Kunz)
Die rosarote Form des Europäischen Laternenträgers Dictyophara europaea (Auchenorrhyncha: Dictyopharidae) ist viel seltener als die „normale“ grüne Farbmorphe. Der Europäische Laternenträger bewohnt magere und warme Wiesen. (Foto: G. Kunz)

 

 

Ein Männchen des Großen Feuerfalters Lycaena dispar (Lepidoptera: Lycaenidae). Diese seltene Art bewohnt Feuchtlebensräume und genießt als FFH-Art EU-weit einen Artenschutzstatus. (Foto: G. Kunz)
Ein Männchen des Großen Feuerfalters Lycaena dispar (Lepidoptera: Lycaenidae). Diese seltene Art bewohnt Feuchtlebensräume und genießt als FFH-Art EU-weit einen Artenschutzstatus. (Foto: G. Kunz)

 

 

Jährliche Vereinstagungen

Die ÖEG veranstaltet alljährlich zwei Treffen an verschiedenen Institutionen (Universitäten, Museen, etc.), das Entomologische Kolloquium und das Entomologische Fachgespräch. Die Veranstaltungen sind für jedermann offen und kostenlos. Einladungen und Programme werden an die Mitglieder und einschlägige Forschungseinrichtungen verschickt.

1)    Beim Entomologischen Kolloquium wird jeden März über neue Forschungsergebnisse berichtet. Hier haben auch NachwuchsforscherInnen die Möglichkeit ihre eigenen Beobachtungen und Ergebnisse in Form von Poster oder Vorträgen öffentlich zu präsentieren und mit anderen ForscherInnen zu diskutieren.

2)    Das Entomologische Fachgespräch findet im Oktober alljährlich über ein festgelegtes entomologisches Thema statt, zu dem namhafte SpezialistInnen aus dem deutschsprachigen Raum eingeladen werden, um ihre Forschungsergebnisse vorzutragen.

 

Solche Tagungen enden typischerweise in gemütlichen Abenden im Wirtshaus mit familiärer Stimmung. Dabei stehen stets fachliche Diskussionen im Mittelpunkt, Verbreitungsgrenzen und Vorkommen der Insekten werden diskutiert, Belegexemplare aus Sammlungen werden ausgetauscht und Fragen wie „Was ist eigentlich eine Art?“ werden wie zu Zeiten Darwins wieder aufgeworfen…

 

Entomologica Austrica – die Vereinszeitschrift

Einmal im Jahr erscheint die Vereinszeitschrift „Entomologica Austriaca“. Sie inkludiert wissenschaftliche Originalbeiträge, Buchbesprechungen, Abstracts der Vorträge und Poster, Biographisches und Ehrungen. Diese Zeitschrift kann von Mitgliedern direkt beim Entomologischen Kolloquium entgegen genommen oder postalisch empfangen werden. Wissenschaftliche Beiträge werden gerne jederzeit entgegengenommen!

 

Das ÖEG-Jugend-Sommer-Camp

Diesen Juli wird zum ersten Mal das ÖEG-Jugend-Sommer-Camp stattfinden. Dabei sollen sich junge an Insekten interessierte Menschen kennen lernen und gemeinsam mit SpezialistInnen eine Woche im Feld verbringen, Insekten sammeln, fotografieren und bestimmen. Zusätzlich werden wir in der Gemeinschaft zusammen kochen, essen, Bierchen trinken, Karten spielen, musizieren etc. Es wird eine Urlaubswoche, die gleichzeitig die Möglichkeit bietet, auf den lustigen und zwanglosen Weg (und nicht auf den mühsamen Weg über den Prüfungs-Druck) viele spannende Aspekte unserer heimischen Insekten (Ökologie, Bestimmung, etc.) – je nach individuellem Interesse – zu erlernen.

Der genaue Termin wird im März 2014 festgelegt und allen ÖEG-Mitglieder bekannt gegeben. Es wird das erste Mal sein, dass ein österreichischer entomologischer Verein eine einwöchige Exkursion für den entomologischen Nachwuchs anbietet und wir hoffen auf einen großen Erfolg und viel Spaß!

Preise

Die ÖEG vergibt für hervorragende wissenschaftliche Leistungen zum Thema Insekten oder terrestrische Gliedertiere folgende Preise:

1)    Seit 1998 gibt es einen Förderungspreis für eine hervorragende entomologische Publikation. Dieser Preis dient der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Bewerbungen sind bis zum 10. Oktober für das Folgejahr einzureichen.

2)    Die Ignaz-Schiffermüller-Medaille wird für ein bedeutendes monographisches Werk mit taxonomischem und zoogeographischem Schwerpunkt vergeben. Der Preis wurde nach dem bedeutenden oberösterreichischen Entomologen Ignaz Schiffermüller (1727-1806) benannt, dessen System der Tagfalter bis heute Bestand hat.

3)    Die Friedrich-Brauer-Medaille vergibt die ÖEG für herausragende Tätigkeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Entomologie. Benannt wurde die Medaille nach Friedrich Moritz Brauer (1832-1904), der ab 1876 als Kustos für Zweiflügler und Netzflügler an der entomologischen Sammlung im Naturhistorischen Museum Wien tätig war.

 

Der an Felswänden der Alpen lebende Felsenspringer Machilis sp. (Archaeognatha: Machilidae) gehört zu den primär flügellosen Insekten. Die Evolution dieser Tiere wird gerade an der Universität Innsbruck erforscht und hier scheint Hybridisierung verwandter Arten eine wesentliche Rolle zu spielen. (Foto: G. Kunz)
Der an Felswänden der Alpen lebende Felsenspringer Machilis sp. (Archaeognatha: Machilidae) gehört zu den primär flügellosen Insekten. Die Evolution dieser Tiere wird gerade an der Universität Innsbruck erforscht und hier scheint Hybridisierung verwandter Arten eine wesentliche Rolle zu spielen. (Foto: G. Kunz)

 

 

Mitgliedschaft

Die ÖEG ist ein gemeinnütziger Verein ohne finanzielle Gewinnabsichten (der Vorstand ist ehrenamtlich tätig). Der Mitgliedsbeitrag zur Deckung anfallender Kosten beträgt im Jahr 25 Euro. Der Bezug der Zeitschrift Entomologica Austriaca und die mehrmals im Jahr ausgesandten Rundschreiben mit aktueller Information über entomologische Ereignisse und Aktivitäten in Österreich sind darin enthalten. Bei den Tagungen der ÖEG (Kolloquium und Fachgespräch) werden keine Tagungsgebühren erhoben. Bei Tagungen, die die ÖEG gemeinsam mit anderen Gesellschaften organisiert, erhalten ÖEG-Mitglieder eine Gebührenermäßigung.

Es gibt keine Aufnahmekriterien für die Mitgliedschaft. Hobbyinsektenforscher sind genau so erwünscht wie WissenschaftlerInnen. Auch gibt es keine Altersbeschränkung, Schüler und Studenten sind sehr willkommen. Den Nachwuchs zu fördern und bereits frühzeitig mit der spannenden Welt unserer Insekten vertraut zu machen ist uns ein besonderes Anliegen.

Weitere Informationen zur ÖEG entnehmen Sie unserer Homepage: http://www.entomologie.org/

 

Der Verfasser hofft mit diesem Rundschreiben den einen oder anderen potentiellen Nachwuchsforscher motiviert zu haben und ist sehr gerne bereit E-Mails anzunehmen und Fragen zu beantworten.

 

 

Anschrift des Verfassers:

Mag. Herbert Christian Wagner (Ameisenforscher)

Jugendreferent der ÖEG

Institut für Ökologie

Universität Innsbruck

Technikerstraße 25

A-6020 Innsbruck

E-Mail: heriwagner@yahoo.de

Der Verfasser Herbert Christian Wagner. (Foto: C. Komposch)
Der Verfasser Herbert Christian Wagner. (Foto: C. Komposch)
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