Von Julia Slamanig
Menschen fordern Veränderung in vielen EU-Ländern und gehen auf die Straße. Sie sind unzufrieden. Allein in Dänemark protestiert fast niemand – warum die Dänen das glücklichste Volk der Welt sind.

Laut „World Happiness Report“ ist Dänemark das glücklichste Land der Welt, gefolgt von Norwegen und Finnland. Österreich liegt auf Platz 13. Aber wie funktioniert das kleine Land in Nordeuropa eigentlich, was macht die 5,5 Millionen Einwohner Dänemarks so zufrieden? Lars Bille, Experte für Politik in Dänemark und Dozent an der Universität Kopenhagen für Politikwissenschaften, nennt vor allem fünf wichtige Gründe dafür, dass die Dänen zu den glücklichsten Menschen der Welt zählen:
1. Homogene Gesellschaft
Das dänische Volk ist eine sehr homogene Gesellschaft. „Wir haben keine Sprachenkonfrontationen wie in Belgien, ethnische Probleme oder religiöse Konflikte“, so Bille, „auch die Kluft zwischen Reich und Arm ist kaum vorhanden.“ Rund acht Prozent der Einwohner Dänemarks sind Immigranten, die aber durch Integrationsprojekte stark in die Gesellschaft eingebunden werden. „Hautfarbe, Religion oder Herkunft sind egal. Wichtig ist, dass man die Demokratie unterstützt“, so Bille, „deswegen wird großer Wert darauf gelegt, dass die Menschen Dänisch lernen.“ Little Italy, China Town oder andere Immigrantenviertel sollen durch die Integration vermieden werden.

2. Gewissenhafte Demokratie
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts hat Dänemark eine gewissenhafte Demokratie. Das Folketing – wie das dänische Parlament genannt wird – besteht aus Parteien, die sowohl im rechten als auch im linken Spektrum positioniert sind. „Das bedeutet, dass Reformen von den Hauptparteien unterstützt werden, hinter denen die Mehrheit der Dänen steht“, so Bille, „auch wenn man einen Beschluss ändern will, müssen alle Parteien zustimmen.“ Die letzten zehn Jahre wurde diese gewissenhafte Demokratie unterbrochen, denn bei der historischen Wahl 2001 konnte eine liberal-konservative Minderheitsregierung ohne die Unterstützung anderer Parteien geformt werden. Seit den letzten Wahlen ist aber die Social Liberal Party wieder Teil des Parlaments.

3. Arbeitsmarkt und Wohlfahrtsstaat
In Dänemark macht nicht der Staat die Gesetze am Arbeitsmarkt, sondern Zusammenschlüsse der Arbeitgeber, Industrien und Gewerkschaften selbst. Dadurch sei die Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen größer. Bille nennt vor allem den Wohlfahrtsstaat als wichtiges Modell: „Man kann feuern und anheuern binnen einem Monat oder zwei, weil eine große soziale Sicherheit gewährleistet ist.“
4. Mitwirkende Demokratie
Wie verschaffen nun aber die Dänen ihrer Meinung Gehör? Sie nehmen an Meetings teil, diskutieren in den Medien, aber in der erste Linie ist Dänemark eine mitwirkende Demokratie. Bille sagt: „Jeder Däne ist im Durchschnitt Mitglied von 3,7 Vereinigungen.“ Laut Eurobarometer sind auch 96 Prozent der Dänen der Ansicht: „Meine Meinung zählt in meinem Land.“ In der ganzen EU glaubt das nur jeder Dritte. Auch die Rolle der Presse wird in Dänemark zunehmend wichtiger weil die Medienindustrie in den letzten Jahrzehnten privatisiert wurde und die Zeitungen und TV-Sender zunehmend um Publikum kämpfen. „Die Parteien beobachten einander und die freie Presse deckt auf, wenn etwas schiefgeht“, so Bille.
Die Dänen bringen den Politikern aber großes Vertrauen entgegen. Das zeigen die Statistiken des Eurobarometer, veröffentlicht im Februar 2012: Fast drei Viertel der Europäer sehen Korruption als ein Hauptproblem in ihrem Land. Am zufriedensten sind die Dänen, denn nur 19 Prozent der Befragten sind hier dieser Meinung. Österreich hat den signifikantesten Anstieg in diesem Bereich: Acht von zehn Befragten sehen Korruption als Hauptproblem in unserem Land, ein 61 Prozent mehr als 2009.

Trotz allem Optimismus für ihr Land sind die Dänen skeptisch gegenüber der EU. „Wir wollen nicht, dass die EU mehr Einfluss nimmt in Finanz- oder Steuerpolitik. Wir wollen auch nicht unsere Währung weggeben“, so Bille, „trotzdem ist klar, dass ein kleines Land wie Dänemark nicht außerhalb bleiben kann. Deswegen sind wir Teil der EU aber nicht der Eurozone.“
Julia Slamanig
Ich bin Kärntnerin, 23 Jahre alt, habe im Herbst das Studium „Journalismus und PR (Public Relations)“ an der FH Joanneum abgeschlossen und war in dieser Zeit beim Magazin der Süddeutschen Zeitung und beim Familienmagazin Nido im Praktikum. Seit ich 18 bin arbeite ich als freie Journalistin für die Kleine Zeitung. Dieser Bericht wurde im Rahmen von eurotours erstellt. Eurotours ist ein Projekt der Europapartnerschaft, finanziert aus Gemeinschaftsmitteln der EU.