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My Generation

Ein Lied kann die Welt nicht verändern. Aber es kann sie beschreiben. Libelle-Redakteur Lukas M. Matzinger hat zehn Lieder zusammengetragen, die den Geist von Millionen in sich tragen.

Text: Lukas Maria Matzinger Beitragsbild: Andreas Carjell  / pixelio.de

Popmusik ist erst weniger als Musik, dann mehr als Musik. Wie wenig andere Kunstformen steht heute Popmusik stellvertretend für die Epoche, in der sie entstand. Große Lieder vereinen und vereinten die Geschichten von Millionen, spiegeln Generationen.

Marvin Gaye und die Beatles, Pink Floyd und die Beastie Boys, David Bowie und die Smiths. Sie alle haben die Zeit, aus der sie stammen, geprägt, weil sie die Welt, in der sie lebten, vertonten. Und das pointierter als alle anderen.

Im Folgenden sind zehn Lieder zusammengetragen, die die Kraft haben, Generationen zu beschreiben. Von Elvis Presley bis Pharrell Williams.  Ein Tanz durch Jahrzehnte:

1956: Elvis Presley – Hound Dog

„Als ich zum ersten Mal Elvis hörte, wusste ich, dass niemand je mein Boss sein würde“, sagte Bob Dylan. Und damit war er nicht allein. Elvis Presley hat den Rock’n’Roll in die Wohnzimmer – und der Welt Amerika bei gebracht. Er ließ Hausfrauen an den Empfangsgeräten knien und Teenager ihre Körper befreien. Hoffnung, Freiheit, Leben – vorgetanzt vom King.

 

1965: Rolling Stones – (I Can’t Get No) Satisfaction

1961 kam die Antibabypille auf den Markt. Zwanzig Jahre später meldeten kalifornische Ärzte die ersten AIDS-Fälle. Dazwischen war so einiges möglich. Eine Band wie die Rolling Stones zum Beispiel. Disziplinlos, frech, versext. Die Welt hat nicht auf die Stones gewartet. Und brauchte sie doch so dringend. (I Can’t Get No) Satisfaction Punkt

 

1971: John Lennon – Imagine

Bis 1971 hatten die USA 80 Millionen Liter verunreinigte Herbizide im Krieg gegen den Vietnam versprüht. Das leichte Leben der Sechziger schien einigermaßen verblichen, als sich der intellektuellste Beatle eine Gesellschaft frei von Religionen, Nationalismus und Eigentum wünscht. „All The People / Living Life in Peace.“ John Lennon war einer für den Frieden.

 

1976: Sex Pistols – Anarchy in the U.K.

Von den Royals enttäuscht und von den Labours verkauft beginnt Englands Jugend langsam, aber sicher, auf alles und jeden zu scheißen. Der feucht-heiße Nährboden der jungen Industriestädte bringt immer lautere und zügellosere Bands hervor. Die Sex Pistols treten schließlich den ganz großen, hässlichen, stockbesoffen mistkübelanzündenden Wahnsinn namens Punk los, der bis heute nicht einzufangen ist.

 

1984: Madonna – Like A Virgin

Im September 1984 steht die Mechanikertochter Madonna Ciccone auf der Bühne der MTV Video Music Awards und singt, in Brautrobe gekleidet, „Like A Virgin“. Pop wird Sex wird Pop wird Sex. Das prüde Amerika beginnt sich wohl oder übel von alter, falscher Scham zu verabschieden und findet in Madonna sein singendes, schlüpfriges schlechtes Gewissen.

 

1991: Nirvana – Smells Like Teen Spirit

Grunge war kein Zufall. Da gibt es eine Jugend, die scheint sich im Anfang vom Ende des amerikanischen Jahrhunderts verloren zu haben. Ihre Welt ist kalt und schmutzig, ihr Leben auf verbrannter Erde ein einziger Widerstand. Mit Nevermind ging dann 1991 alles steil. Und Frei. Und Laut. Und Garage. Und Drogen. Here we are now, entertain us.

 

1996: The Prodigy – Firestarter

Acid House, Alternative. Techno, Jungle, Punk, Drum and Bass. Der elektronische Wahnsinn der 90er Jahre hat einen Namen: Prodigy. Die Engländer waren der Schreck der gesunden Gesellschaftsstruktur, der Teufel ohne Verkleidung. Mit The Prodigy verlor die Gitarrenmusik so viele ihrer Kinder an den Beat, die Partys, die Drogen und ans bis Sonntagmittag durch dunkle Hallen tanzen. Danke!

 

1999: Dr. Dre & Snoop Dogg – Still D.R.E.

1999 bekam Hip Hop den letzten, großen Kick in den Mainstream, der schon ein ganzes Jahrzehnt in der Luft lag. Dr. Dre brachte auch die weißesten Jungs aus den langweiligsten Vorstädten der Welt dazu, schwarze Musik zu hören. Eminem, Jay Z und später Kanye West sagen danke. Millionen junger Yankees-Cap–Träger und „Bravo Black Hits“-Käufer auch.

 

2001: The Strokes – Last Nite

The Strokes haben den Indie Rock ins neue Jahrtausend gebracht. Sie sind die Brücke von Oasis und den Pixies zu Franz Ferdinand und den Black Keys. Nach „Is This It?“ war plötzlich alles wieder Indie Rock, das internationale weiße Milchgesicht hatte seinen Sound übers Millennium gerettet. Gott sei Dank!

 

2013: Daft Punk & Pharrell Williams – Get Lucky

Pharrell Williams ist schon ein bewundernswertes Kerlchen. Mit belanglosem Lächeln, ulkigem Hut und den Dance-Göttern von Daft Punk hat er mal eben so die letzte große, große Hymne geschrieben. Scheiß ein bisschen auf heute. „We’re up all night for good fun.“ – Aber ruhig auf Ö3 und bloß nicht zu wild. Montag 8 Uhr 30 ist wieder Uni.

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