
Mit dem Projekt „Zukunft Hochschule“ strebt das Bundesministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Forschung (BMWFW) bis zum Jahr 2019 ein „ineinandergreifendes Hochschulsystem aus einem Guss“ – so die Presseaussendung des Ministeriums – an. Geplant ist unter anderem die Verlagerung gewisser Studiengänge an Fachhochschulen, sowie ein bundesweiter Fächerabgleich des gesamten universitären Angebots. Eine Fusion von Hochschulen ist, so Wissenschaftsminister Mitterlehner, auch „nicht auszuschließen“. Zwar als Initiative zur Entlastung von Universitäten und zur Stärkung von Hochschulen gehandelt, wirft das Vorhaben des BMWFW einige Fragen auf.
Die Hintergründe
Seit 2002 ist laut BMWFW die Zahl der Studierenden allein an öffentlichen Universitäten von 200.000 auf 309.000 um mehr als 50 Prozent gestiegen, wobei die 20 beliebtesten Studienfächer den Löwenanteil der Erstinskribierten in sich vereinen, während die kleinsten Studien mit gerade einmal 229 Studienanfängern aufwarten können. Dieser Trend hin zu Massenstudien und weg von kleinen Orchideenfächern veranlasste bereits zahlreiche Diskussionen zur budgetären Situation der Universitäten und bildet die Grundlage der Argumentation des Ministeriums. Nun möchte man, aufbauend auf den Verhandlungen der letzten Leistungsvereinbarungsperiode und mit verstärktem Ausbau der Fachhochschulen, an den Unis mehr Freiraum für Forschung schaffen.
Was ist das Ziel?
Das BMWFW plant also die Entlastung der Universitäten. Dazu wurde nun ein Abgleich des bundesweiten Studienangebots gestartet, der auch die Mobilität zwischen Universitäten und Fachhochschulen erhöhen soll. Am Ende des Abstimmungsprozesses schließt Mitterlehner eine Verlagerung von „unternehmens- und wirtschaftsnahen“ Fächern an FH’s nicht aus und spekuliert offen mit den Studiengängen Rechtswissenschaften und BWL. Die Diskussion zu Fächerabgleich und erhöhter Mobilität innerhalb der Hochschulen soll bis 2017 abgeschlossen sein, im Jahr 2019 soll der aus dem Diskurs entstandene Maßnahmenkatalog bereits in anstehende Verhandlungen miteinbezogen werden. An der Diskussion teilhabende Organe sind etwa der Wissenschaftsrat und die Hochschulkonferenz, sowie das ERA-Council und der Rechnungshof. Gemeinsam sollen fünf Aktionsfelder behandelt werden, eine Auswahl davon ist:
- Abgleich des Studienangebots zwischen Hochschulen
- Fokus auf GKS-Studien (Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaftliche Studien) aufgrund der „besonderen gesellschaftlichen Stellung und deren Heterogeneität“
- Durchlässigkeit innerhalb und zwischen den Hochschulsektoren

Meinungen: Bundes-ÖH, Uniko und Fachhochschulkonferenz
Die Österreichische Hochschüler_innenschaft warnt in einer Presseaussendung davor, Hochschulsektoren nicht gegeneinander auszuspielen und befürchtet Engstirnigkeit im Bereich der Vernetzung der Sektoren. Die Konzentration von bundesweit 56 Prozent aller Studierenden auf lediglich 20 Studienfächer soll laut Bundes-ÖH motivieren, im Bereich der Beratung vor Studienbeginn noch massiv nachzulegen. „Es ist der falsche Weg, Studienfächer gegeneinander auszuspielen und mit Termini wie “Luxusfächer” oder “Orchideenfächer” belächelnd abzuwerten. Die Tatsache, dass sich ein Großteil der Studierenden nur auf 20 Studienfächer aufteilt zeigt, dass es hier nach wie vor Aufholbedarf gibt, denn Interessen lassen sich nur durch umfassende Information wecken.“ schreibt die ÖH.
Uniko-Präsidentin Hammerschmid warnt vor voreiligen Diskussionen und einem Hin- und herschieben von Fächer allein aus dem Bauchgefühl heraus. Es sei verfrüht, bereits jetzt darüber zu diskutieren, und entbehre jeder Faktengrundlage, sagt sie dem STANDARD. Erst kürzlich sprach sie sich gegen die Verlagerung von Studienfächern an die FH’s aus. Vielmehr sei es notwendig vorab zu definieren, welche Aufgaben Universitäten und Hochschulen übernehmen sollen.
Präsident der Fachhochschulkonferenz Helmut Holzinger möchte noch kein Studienfach nennen, das „wandern“ sollte. Ein FH Rektor aus Innsbruck begrüßt die Initiative und einen „sinnvollen Ausbau“ der Fachhochschulen.
Flowerbox oder Büchse der Pandora?
Es wird sich zeigen, was für Auswirkungen der geplante Fächerabgleich zwischen Universitäten und Fachhochschulen haben wird. Aus der Presseaussendung des BMWFW geht nicht klar hervor, ob es sich hier um Bemühungen handelt, ein und dasselbe Studium, wie es bereits im neuen Lehramtsstudium des Entwicklungsverbund Süd-Ost realisiert wurde, an verschiedenen Hochschulstandorten anzubieten. Ein derartiges „Einheitsstudium“ hätte natürlich einen Rückgang der Diversität, vor allem was GKS-Studien betrifft, zur Folge. Es herrscht ein starker Erklärungsbedarf, was „Zukunft Hochschule“ angeht.
Positive Auswirkungen auf den Uni-Alltag einzelner Studierender könnte das Projekt jedoch auch zur Folge haben: „Zukunft Hochschule“ könnte beschleunigend auf Prozesse der Mobilitätserhöhung wirken. In Bezug auf Anrechnungen innerhalb der eigenen Universität besteht nach wie vor großer Aufholbedarf, da in vielen Fällen bereits der Wechsel von einem alten Curriculum auf ein neues Zeitverluste im Studienfortschritt mit sich bringt. Es ist zu hoffen, dass das Projekt dank der knapp bemessenen Zeit zur Umsetzung die Problemlösung im Bereich Mobilität innerhalb der Bildungseinrichtungen verkürzen wird, und langwierigen Streitereien zu Äquivalenzlisten ein Ende bereiten wird.
Die kommende Leistungsvereinbarungsperiode wird zeigen, was auf uns zukommt. Jetzt ist es angebracht, zu beobachten, bevor vorschnelle Schlüsse gezogen werden. Die Medaille einer jeden Umstrukturierung im Hochschulbereich hat auch eine Kehrseite, im Licht der Ereignislage ist es jedoch erfreulich, dass zur Zeit sämtliche Parteien den Diskurs zu suchen scheinen.
Autorin: Sandrine Fackner
Links:
Presseaussendung des BMWFW (15.02.2016)
Presseaussendungen der Universitätenkonferenz
Artikel auf ORF.at/Science