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Studieren und arbeiten – Widerspruch oder Notwendigkeit?

Bereits vier von zehn Studierenden unter 21 Jahren arbeiten neben dem Studium, bei den unter 31-Jährigen sind es mehr als sieben. Trotz Verankerung der sozialen Chancengleichheit im Universitätsgesetz sind erwerbstätige Hochschulbesucher_innen mit zahlreichen Hürden konfrontiert, die eine fortschreitende Verschulung an Universitäten mit sich bringt. Beide Parteien fordern mehr Flexibilität ein, es scheitert an finanziellen und zeitlichen Ressourcen.

Laut den letzten Umfragewerten der Studierenden-Sozialerhebung sind rund 63 Prozent der Studierenden während des Semesters erwerbstätig. Knapp zehn Prozent gelten als Vollzeit beschäftigt (~35h/Woche), etwa ein Viertel verdient sich im Rahmen von durchschnittlich zehn Wochenstunden seine Brötchen. Im Vergleich zu 2006 zeigt das einen Anstieg der Erwerbstätigkeit von Studierenden in Österreich um fünf Prozent, Tendenz steigend. Bei unter 21-Jährigen liegt die Quote der Erwerbstätigkeit bereits bei 40 Prozent und steigt bei den unter 31-Jährigen auf 77 Prozent an. Unabhängig vom Alter arbeiten sozial schlechter gestellte Studierende noch rund zwei Stunden mehr als ihre besser gestellten Kolleg_innen, ein signifikanter Unterschied im Erwerbsausmaß.
Nun stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit von Arbeit und Studium. Paragraph 2 (10) des Universitätsgesetzes trägt den klingenden Namen „soziale Chancengleichheit“, einer der leitenden Grundsätze, anhand derer die Universitäten ihre Aktivitäten auszurichten hat. Der Alltag sieht jedoch oft anders aus, es kommt nicht selten vor, dass Studierende aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit eine Schlechterstellung erfahren. Öffnungszeiten von Fachbibliotheken und Sekretariaten, Sprechstundenzeiten der Vortragenden und Lehrveranstaltungstermine stellen ebenso Hindernisse dar wie die Weigerung seitens Professor_innen, Berufstätigkeit als adäquate Entschuldigung für Fehleinheiten zu akzeptieren. Umgekehrt erfahren Studierende auch durch Arbeitgeber_innen nicht unbedingt immer Unterstützung in ihrer Aus- oder Weiterbildung. Hier sind Prüfungstermine ebensowenig ein Grund um nicht in den Dienstplan eingetragen zu werden wie wiederkehrende Lehrveranstaltungstermine. Diese Probleme beschränken sich jedoch nicht nur auf die Erwerbstätigkeit. Studierende mit Kind oder zu pflegenden Angehörigen erfahren immer wieder eine Schlechterstellung, trotz Paragraph 2 (13) des Universitätsgesetzes: Vereinbarkeit von Studium […] mit Betreuungspflichten für Kinder und pflegebedürftige Angehörige.
Für Viele ist Studieren längst kein Hauptberuf mehr. Nur Wenigen ist der soziale Background vergönnt, der ein Fernbleiben aus dem Berufsleben während der Aus- oder Weiterbildung möglich macht. Obgleich Vereinbarkeitsgrundsätze und soziale Gleichberechtigung gesetzlich verankert sind, scheitert es oftmals noch an der konkreten Umsetzung an den Hochschulen. Ein Voranschreiten der Verschulung unserer Universitäten tut dem keinen Abbruch, vielmehr wird die von den Studierenden benötigte Flexibilität im Studium immer seltener.
Hier wären mehr Prüfungstermine, mehr Parallelkurse auch in den Abendstunden und an Samstagen und eine Verlagerung der Öffnungszeiten von Bibliotheken und Servicestellen ein wichtiger Schritt in Richtung einer studierbaren Hochschule für alle. Um das zu erreichen, wäre eine Ausfinanzierung der Universitäten dringend notwendig. Aber das würde den Rahmen der Ausführungen sprengen.

Autor_innen: Markus Trebuch, Katharina Gruber, Florian Lackner (Vorsitz)

Erschienen in der Print-Ausgabe 2 2015/16, S. 6

Quellen: Materialien des BMWFW zur sozialen Lage von Studierenden [21.12.2015]

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