Es liegen ereignisreiche Monate hinter uns. Seit Kurzem steht das Ergebnis der Bundespräsidentenwahl endgültig fest; es könnte knapper nicht sein. Und nicht nur das sorgt für einigen Unmut. In der letzten Woche vor der Stichwahl wurde der Ton mitunter rauer,die Gangart schneller und neben den Kandidaten ließen auch ihre Unterstützer_innen ein gewisses Maß an emotionaler Überreizung durchscheinen.
So weit, so gut. So weit, so verständlich. Wenn man sich einem fünfmonatigen Wahlkampf um das höchste Amt im Staat aussetzt, geht das an die Substanz, natürlich auch an nervliche. Stimmen wurden laut, der Wahlkampf möge doch endlich vorbei sein, damit wieder Ruhe einkehren und man zur Normalität zurückkehren könne. Aber ist dem so? Dieser Wahlkampf förderte etwas zutage, was sich schon seit geraumer Zeit vor allem im World Wide Web beobachten lässt.
Scharfe Worte zum Zweck der Abgrenzung untereinander und zur Verdeutlichung der eigenen Vorzüge stehen in Wahlkämpfen an der Tagesordnung. Das ist nichts Neues und auch nichts Aufsehenerregendes. Doch gilt auch hier, was überall gilt: Der Ton macht die Musik! Es ist bemerkenswert, welch radikale Töne vor allem in den letzten Wochen getroffen wurden. Durchforstet man diverse Internetforen oder Kommentarspalten, finden sich schnell einige Zeilen, die von ihrem Inhalt her an dunklere Zeiten der Menschheitsgeschichte erinnern. Und gerade diese Kommentare sind es, denen auch noch großer Zuspruch zuteil wird. Trauriger Höhepunkt dieser Strömungen sind Anschlagsaufrufe gegen den designierten Präsidenten von Österreich. Diese Gewaltandrohungen trafen auch die Befürworter_innen der ‚gegnerischen‘ Seite. Ganz offen und unter Klarnamen war von Abschiebungen, Gaskammern und Erschießungskommandos die Rede. Zu sagen, dies habe nichts mit Extremismus zu tun und sei die Schuld der aktuellen Politik, ist bestenfalls gnadenloser Euphemismus.
So sehr manche Politiker_innen für ihre – oftmals sehr laute – scharfe Zunge berühmt sind, so wird auch von dieser Seite zu einer „Abrüstung der Worte“aufgerufen. Dies gilt es zu befürworten!
Es stellt sich nun die Frage, woher die breite Akzeptanz für öffentliche Gewaltaufrufe mit rechtsextremer Diktion kommt. Solche Auswüchse werden nicht erst seit vorgestern akzeptiert und bestärkt. In Zeiten, in denen das Stürmen einer Theateraufführung, bei der Geflohene mitwirken, oder das Bejubeln eines gekenterten Flüchtlingsbootes im Mittelmeer mit mehreren hundert Toten, keine perfiden Ausnahmen mehr darstellen, gelten wohl auch Mordaufrufe gegen politisch unliebsames Personal als Norm. Man sieht also, dass nicht erst dieser sogenannte Lagerwahlkampf einen schlummernden Riesen geweckt hat. Der Wahlkampf hat lediglich für die mediale Aufmerksamkeit gesorgt.
Was schließen wir daraus? Das in den letzten Tagen so viel beschworene Zuschütten der Gräben darf keine hohle Phrase sein! Es impliziert einerseits, dass die Vielfalt an Meinungen sowohl gehört als auch zugelassen werden müssen. Es bedeutet allerdings andererseits, entschieden gegen Diffamierungen, Gewaltaufrufe und Verharmlosungen von Drohungen aufzutreten. Es bedeutet, wirklich das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen.
Autor_innen: Markus Trebuch, Katharina Gruber, Florian Lackner (ÖH Vorsitz)
Erschienen in der Print Ausgabe 4 2015/16, S. 7