Das Hotel Mama – eine großartige Einrichtung! Ein immerwährend gefüllter Kühlschrank, Shuttle-Service und Putzpersonal – soo gemütlich. Doch früher oder später kommt jedes Kind zu dem Punkt, an dem die eigenen vier Wände immer reizvoller werden. Nicht nur der Körper und die geistige Reife wachsen, auch die Eigenständigkeit tut es. Bis man aus seinem eigenen Mund vernimmt: “Ich bin schon groß, ich kann das selbst!” Ganz abgesehen davon, dass irgendwann niemand mehr Lust darauf hat, seinen Eltern zu erklären, warum man erst bei Sonnenaufgang daheim war und was man gemacht hat. Nicht zuletzt möchte man seinen Eltern auch nicht erklären müssen, welchen Namen nun das Objekt der Begierde der letzten Nacht hat, das man höflicherweise ins Bett brachte. Ins eigene, versteht sich.
Die anschließende Erläuterung, dass man eigentlich nicht vor hatte, besagten Aufriss den Erzeugern beim Frühstück vorzustellen, gibt der ganzen Problematik noch den Rest. Und selbst wenn man nicht zur Kategorie der Partytiger oder Zärtlichkeitsfanatiker gehört, ist es in unserer Gesellschaft halt doch ein bisserl peinlich, ab einem gewissen Alter noch bei Mama und Papa zu wohnen.Was also tun? Wohnung suchen! Selbstverständlich nicht ohne Hilfe der “tatsächlich erwachsenen” Menschen, denn welcher Nesthocker hat schon eine Ahnung von Preis-Leistungs-Verhältnis, Maklergebühren und den “guten” Wohngegenden. Dass Eltern trotz allem manchmal eine recht brauchbare Erfindung sind, wird den meisten erst im Laufe der eigenständigen Zeit bewusst.
Da wir Studierende in den seltensten Fällen eine Goldeselfarm besitzen, wird die Wahl der zukünftigen Behausung bei den meisten wahrscheinlich auf eine Wohngemeinschaft fallen. Und eine solche finden wir dann unglaublich toll! Wohnen mit Gleichgesinnten, immer in Gesellschaft, Hauspartys und endlich Eltern-frei. Unglücklicherweise findet man sich dann aber doch recht schnell in Situationen wieder, die einen verzweifelt nach Mami rufen lassen. Gehen wir einmal davon aus, dass in einer WG mit zwei bis fünf Bewohner_innen zumindest eine Person dabei ist, die eine Waschmaschine bedienen kann. Das ist dann schon einmal hilfreich. Heißt aber nicht zwangsläufig, dass solche Geräte dauerhaft funktionieren. Steht dann erst einmal das Badezimmer unter Wasser und den Nachbarn unterhalb fällt buchstäblich die nasse Decke auf den Kopf, kommt man erstmals in Kontakt mit zwei Vertretern der Erwachsenenwelt, auf die man gut und gerne verzichten könnte: Hausverwaltungen und Versicherungsgesellschaften. Beide haben aus einem unerfindlichen Grund die Angewohnheit, so lange unfreundlich und unkooperativ zu sein, bis der zur Hilfe gerufene Papa einmal ordentlich zu schreien anfängt. Dann klappt es. Immer! Selbiges gilt übrigens für jede Art von Versicherungsfall. Hat man zum Beispiel einen Fahrrad- oder Mopedunfall, fällt einem auch wieder ein, wie lieb man seine Eltern hat, nachdem sie die ganze Bürokratie und die Streitereien für einen übernommen haben.
Mit der Zeit erscheinen oft immer mehr Unannehmlichkeiten auf der Bildfläche der Wohnautonomie, die das schöne Gefühl der Freiheit stören. Da stellt man nach Jahren der sorglosen Völlerei fest, dass sich ein Kühlschrank nicht von alleine füllt, niemand hält sich an den Putzplan (man selbst natürlich auch nicht) und die Nachbarn beschweren sich ständig über den Lärm. Oder den Müll. Oder beides. Am Ende genießt man doch wieder das sonntägliche Mittagessen in Mamas blitzblank geputztem Heim und fragt sich, warum man eigentlich jemals ausgezogen ist. Wer sich nun tatsächlich diese Frage stellt, dem sei empfohlen, diesen Artikel noch einmal zu lesen aber diesmal nach dem Teil mit den Hauspartys aufzuhören.
Autorin:Christina Schober
Erschienen in der Print Ausgabe 4 2015/16, S. 6