Graz hat einiges an kulturellen Schmankerln und Veranstaltungen zu bieten. In eine ganz besondere Kategorie fällt das Elevate Festival, das neben jeder Menge Musik und Kunst auch wahnsinnig spannende und kostenlose Diskussionen und Vortragssessions beinhaltet (zum Programm).
Autor: Gunnar Knaus
Der Schwerpunkt der heurigen dreizehnten Auflage des Festivals dreht sich um Big Data, Quantification & Algorithms, also Themen, die es durch verschiedene aktuelle Ereignisse – wie beispielsweise einer gewissen Wahl in den Vereinigten Staaten – mittlerweile auch in die alltägliche Wahrnehmung geschafft haben. Im Gegensatz zu oftmals mit Halbwissen geführten Diskussionen wird hier jedoch versucht, der Thematik sachlich und mit Expertise auf den Grund zu gehen.
Warum Mac-User mehr für Hotels zahlen
Wie genau das Lernen von Algorithmen funktioniert und welche Möglichkeiten, aber auch welche Probleme dadurch entstehen, erklärte Claudia Wagner, Professorin für Computer Science an der Universität Koblenz mit interessanten Beispielen. Die Intelligenz eines Algorithmus entstehe durch die Daten, mit denen er gefüttert wird. Erst diese ermöglichen dem Algorithmus zu lernen und Muster zu erkennen. Das Problem ist jedoch, dass diese durch verzerrte Daten oft falsche Zusammenhänge definieren, die für uns im täglichen Leben Konsequenzen haben. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Urlaubssuchmaschine Orbitz, die durch fehlerhafte Daten, beziehungsweise einer mangelnden Interpretation dieser Daten, den Besitzer_innen von Apple Mac Geräten teurere Hotels vorschlug, als jenen, die mittels PC zugriffen. Es ist das alte Problem mit dem Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität, das hier auftaucht. Während dieses Beispiel eher harmlos ist, können falsch interpretierte Daten in anderen Fällen drastische Auswirkungen auf unsere Gesellschaft haben.
Wann sind Algorithmen unfair? @clauwa #e17algointro pic.twitter.com/WYCthO1DvP
— Elevate Festival (@elevatefestival) 2. März 2017
Die Vermessung des Seins
Gerade die Reduktion von Menschen auf quantitative Daten sei eine der großen Herausforderungen und Gefahren unseres Zeitalters, wie Stefan Selke, Soziologe an der Universität Furtwangen, im Anschluss dazu referierte. In Bereichen wie Kreditwürdigkeit oder auch Gesundheit sind Daten schon heute sehr stark mit Chancen und Zugängen für Menschen verbunden. Es besteht die Gefahr, dass die Quantifizierung der Menschen neue Formen von rationaler Diskriminierung schafft. Also soziale Selektion mittels Big Data.
‚Digitale Daten erzeugen neue Normen‘ @StefanSelke #e17quantify pic.twitter.com/fUzj09HJMj
— Elevate Festival (@elevatefestival) 2. März 2017
Daran anknüpfend widmete sich Irina Nalis dezidiert der individuellen Ebene, also wie wir selbst mit unserem Quantified Self umgehen. Die Wiener Psychologin warnte vor dem ständigen Self Editing, das viele von uns mittlerweile durch die tägliche Konfrontation mit Selbstoptimierung in diversen sozialen Medien betreiben. Dies führe nämlich keinesfalls zu Individualismus, wie es gerne verkauft wird, sondern zu Einzelschicksalen und dem sogenannten „Fear of missing out“, also der Sorge durch zu wenig Selbstoptimierung die Zugehörigkeit zu verpassen.
‚Wenn wir nicht mehr als soziales Kollektiv auftreten können, können wir us auch nicht mehr wehren‘ @irinanalis #e17psychopolitik pic.twitter.com/zDOXTvihNd
— Elevate Festival (@elevatefestival) 2. März 2017
Nicht entgehen lassen!
Wer keine Semesterferien mehr hat, schon wieder in Graz ist oder tatsächlich von hier stammt (-soll es ja auch welche geben-), dem wird ein Besuch dringend nahegelegt. Die Themen am diesjährigen Elevate Festival sind brandaktuell und betreffen uns sowohl individuell als auch gesellschaflich. Wenn du tiefer in die Materie von Big Data, Quantification & Algorithms eindringen möchtest, dann lass dir dieses Festival auf keinen Fall entgehen!
PS: Es gibt auch einen Livestream 😉