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Zwischenzeitliche Krisenzustände einer Mit20igerin

Heute Morgen bin ich aufgewacht, viel zu früh und hatte augenblicklich ein mulmiges, schlechtes Bauchgefühl. Das könnte daran liegen, dass ich gestern Abend noch bei meinem Theaterstammtisch hängen geblieben bin. Es könnte aber auch einfach an meinem Leben und meinem Twentysomething-Dasein liegen, welches ich gerade geneigt bin zu verfluchen. Kennt ihr das, wenn einfach nichts und alles nicht stimmt? Aus gar keinem besonderen Grund heraus, einfach nur…weil manchmal alles furchtbar ist.

Autorin: Ida Maria Jaritz

Meine ersten Krisengedanken galten der Uni.

Ich habe das Gefühl ich laufe und komme nicht weiter. Kämpfe und boxe mich durch Assignments, Bücher und Zielvorgaben, bin ständig gestresst und habe trotzdem noch nichts in der Tasche. Vielen Dank auch, Diplomstudium! Ich drehe mich nicht wirklich im Kreis, aber ich stecke auch irgendwie in meiner Vorwärts-Bewegung fest. Es ist ein komischer Schwebe-Studium-Zustand, in dem immer die Versagensangst an mir nagt. Mit einem Hauch Zukunftsbammel und verallgemeinender Unsicherheit.

Es nervt mich und bedrückt mich, dass man in meinem Studium keine Module machen kann. Sich mal für ein paar Wochen voll reinhängt und dann Ergebnisse hat. Etwas abschließen kann und dann ein neues Kapitel beginnt. Mein Studium ist im Prinzip sechs Monate herum-warten und dümpeln, bis dann am Ende des Semesters alles gleichzeitig über einen hereinbricht. Die paar Referate, Präsentationen und Essays zwischendurch geben mir auch nicht wirklich ein besseres produktives Gefühl. Ich würde gerne abschließen. Aber das geht auf der Uni erst nach Jahren. So richtig.

credit: giphy. http://bit.ly/2svFYRE

Das macht mich ganz nervös

Klar bin ich froh, wenn ich eine Seminararbeit nach vorangegangener erfolgreicher schriftlicher und mündlicher Prüfung und Referat (-reicht ja sonst nicht, oder?-) abgegeben habe und dann eine Note eingetragen bekomme. Aber das ist dann halt immer noch nichts. Erst in Summe und erst nach der Diplomprüfung ist man dann wer und „hat dann was“. Über Jahre hinweg „hat“ man hingegen nichts. Außer Ärger, Prüfungsangst, Zeitdruck und das ein oder andere obligatorische Notfallbier. In Österreich zumindest. Das macht mich ganz krank.

Dieses Semester ist ganz furchtbar in dieser Hinsicht. Ich habe nur mehr 3 Prüfungen zu bewältigen und muss die im Juni schaffen, damit sich das mit meinem Zeitplan und der Studiumsumstellung blablabla ausgeht. Nicht, dass ich dann mit dem Studium fertig wäre, dafür ist es dann hoffentlich nächstes Frühjahr so weit. Das alles schafft mich, weil ich Angst habe, dass ich es nicht schaffe. „Mach kaputt was dich kaputt macht!“, steht auf die Wand an der Uni gesprüht. Ich habe den Verdacht, dass ich es selbst bin, die mich da kaputt denkt. Ob das konstruktiv ist?

Mein zweiter Schwung an Krisengedanken galt meinem Liebesleben.

Das war irgendwie voll und doch total leer. Ich weigerte mich aktiv jetzt deswegen auch noch unglücklich zu sein. Schon im totalen Gedankenchaos und -stress gefangen, beschloss ich mein Handy heran zu ziehen und mal Nachrichten zu beantworten (oder doch lieber zu ignorieren), die ich über Nacht bekommen hatte. Ich schaute mir einen Video-Clip von Rowan Atkinson als Priester an, weil mich das garantiert zum Lachen bringen würde. Tat es auch. War trotzdem noch traurig und fühlte mich bedrückt. Aufstehen war in dem Zustand noch absolut gar keine Option.

Stattdessen tat ich etwas sehr Dummes. Ich lud mir wieder Tinder herunter. Für genau 10 Minuten tauchte ich ein, in die Welt der sich in meinem Umkreis von 15 Kilometern befindlichen, 23 bis 27 jährigen, paarungswilligen Single-Männer meiner Umgebung und verspürte plötzlich extremen Selbsthass. Da war Jonas, der mit seiner blauen Krawatte und der Föhnfrisur so viel vom kleinen Lord hatte, dass ich mich fragte warum ich ihn überhaupt jemals geswipet habe. Auch war da Robert, mit dem ich mich immer noch auf das ein oder andere „Victory Bier“ verabrede, der mich aber niemals nackt sehen wird. Da war auch der eine Typ, den ich mal traf und der so absolut gar nicht wie auf seinen Fotos ausgesehen hat.

Es gab auch neue Gesichter

Eh klar. Hübsche Männer. Sehr hübsche Männer. Jeder zweite Medizinstudent. Fuckboys. Ohne Zweifel. Vielleicht aber auch nicht. Aber wollte ich das herausfinden? Was will ich denn überhaupt finden? Ich mag mich ja schon nicht mal mit den Jungs verabreden, die im Moment schon meine Nummer haben. Wieso dann nach „neuen“ Ausschau halten? Irgendwie saugt mich das emotional total leer. Lässt mich abstumpfen und verkrüppeln. So innerlich. Seelisch. Ist Tinder der Teufel?

credit: giphy. http://gph.is/2rK6OY7

Also Tinder wieder runter vom Handy und erst Mal eine innerliche Standpauke an mich selbst. Vor allem, weil ich sehr deutlich in mir spüre, warum ich eigentlich nochmal diese Killer-App heruntergeladen habe. Etwas in mir hoffte, den Froschprinzen dort zu finden. Und dieses Etwas in mir, das ich einfach mal dumm nenne, war jetzt traurig und enttäuscht und komisch verzwickt, weil ich ihn nicht entdeckt hatte. Ist vermutlich schon daheim in Deutschland über die Osterferien. Hat vielleicht auch Tinder aufgegeben. „Aber warum?“, fragt mein beschissenes Mädchen Hirn, das eigentlich nur mit dem Herzen denkt. „Hat er jemanden gefunden? Jemandem die es ihm wert war Tinder zu löschen?“

Waaaaaaaas stimmt denn nur nicht mit mir?!

Kurz vor dem totalen Nervenzusammenbruch ohrfeige ich mich innerlich selbst zurecht. Vom im Bett liegen und mein Leben scheiße finden und unglücklich sein wird nichts besser! Da kommt sie endlich durch, die Pragmatikerin in mir. Hat ja lange genug gedauert. Ich zwinge mich, mir selbst einen Ruck zu geben und aus dem Bett aufzustehen. Die Vorhänge aufzuziehen und mir davor meinen Morgenmantel anzuziehen. Ich koche mir Tee in der Küche, hüpfe unter die Dusche und höre demonstrativ gute Laune-Musik auf Spotify. Das macht jetzt nicht unbedingt was besser, aber ich mache zumindest etwas. Und das ist ja schon mal was. Für ne Krise habe ich in meinem Leben nur zwischendurch mal Zeit.

P.S. Es ist okay mal einen schlechten Tag zu haben. Ganz wirklich.

 

Photocredit Beitragsbild: CollegeDegrees360, Flickr

 

 

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