Was? Nein! Das kann nicht stimmen. Der Redaktion muss hier ein Fehler unterlaufen sein. Das würden sonst schließlich alle machen! Oder doch nicht?
Tatsächlich – auch wenn es sich völlig abwegig anhört – stimmt das. In Österreich steht ein Gefängnisausbruch nicht unter Strafe. Es gibt kein Gesetz, das das regeln würde. Man will ja den „Freiheitsdrang“ respektieren. Das heißt allerdings nicht, dass man danach einfach so draußen rumlaufen darf und alle sagen: „Ach was! Das macht nichts! Der Freiheitsdrang ist halt so stark.“
Die Gitterstäbe im Gefängnis – und die Wachen, Sicherheitsschlösser und Stacheldrahtzäune – sind dort schließlich nicht aus Jux und Tollerei. Entflieht ein Häftling aus einer Justizanstalt, werden die zuständigen Wachen oder die Polizei trotzdem sehr viel daran setzen, ihn wieder zurückzuholen. Es gab schließlich eine Strafe. Und die will abgesessen werden.
KOMPLIKATIONEN
Außerdem geht so ein Gefängnisausbruch meist nicht so einfach vonstatten. In den seltensten Fällen marschieren die Insassen einer Justizanstalt einfach so durch die Tür. Und noch seltener ohne die Klamotten der Anstalt. Die Sache ist folgende: Für jedes Delikt beim Ausbruch bekommt man sehr wohl eine Strafe. Auch wenn der Ausbruch selbst straffrei ist.
Wache niedergeschlagen? Schwere Körperverletzung. Tür aufgebrochen? Sachbeschädigung. Schlüssel mitgehen lassen, damit man überhaupt rauskommt? Diebstahl. Na gut. Das könnte tatsächlich zu einem Problem führen. Aber es gibt ja auch noch andere Möglichkeiten: Insassen könnten sich zum Beispiel von jemandem außerhalb der Justizanstalt helfen lassen.
Für die Sträflinge mag das tatsächlich eine Lösung darstellen, ihre Gehilfen könnten aber in Schwierigkeiten geraten. Während der Ausbruch aus dem Gefängnis zwar nicht verboten sein mag, gilt das nicht für die „Befreiung von Gefangenen“. Laut §300 StGB ist das mit zwei Jahren Freiheitsstrafe zu ahnden. Aber nur bei Hilfe von außen. Unterstützung anderer Insassen schaut schon wieder anders aus.
INTERNATIONALER VERGLEICH
Österreich ist mit dieser Regulierung übrigens nicht allein. Auch in Deutschland, Belgien und Mexiko ist ein Gefängnisausbruch nicht unter Strafe gestellt. Von dem Versuch ist in letzterem Land aber abzuraten.
Wärter_innen mexikanischer Justizanstalten dürfen ihre Schützlinge beim Fluchtversuch – völlig legal – erschießen. Ob das schlimmer ist als das, was einen in einem mexikanischen Gefängnis erwarten würde, sei allerdings dahingestellt.
Aber da habt ihr es: Ein Gefängnisausbruch ist nicht explizit verboten. Ich höre euch schon rufen: „Was das für Auswirkungen haben muss!“ Tatsächlich sind Ausbrüche in Österreich aber nicht an der Tagesordnung. Sonst würde man ja auch viel öfter etwas darüber lesen oder hören. Stattdessen gehen die Ausbrüche zurück. Nicht nur, weil weniger Leute im Gefängnis sitzen als noch in den 80ern (2015 waren es ca. 101 Häftlinge pro 100.000 Einwohner), sondern auch, weil die Sicherheitsmaßnahmen immer besser werden. Logisch: Wenn ich nicht wie Cpt. Jack Sparrow einen Hund mit einem Knochen anlocken kann, um den Schlüssel zu klauen, überleg ich mir einen Ausbruch zweimal. Selbst wenn ich dafür nicht bestraft werde.
Autor: Florian Born
Erschienen in der Print-Ausgabe 2 2017/18, S. 7