Im Jahr 2026 soll es soweit sein. Der steirische Traum von Olympia soll wahr werden. Menschen aus aller Welt treffen in Graz ein, um beim größten Wintersportereignis dabei zu sein. „Dabei sein ist alles“, hat sich die Grazer Stadtregierung auch gedacht, aber von wegen. Die Grazer Opposition will den Traum von Olympia platzen lassen. Ob es ihr gelingt, ist fraglich.
ZURÜCK ZUM ANFANG
Den Grundstein für das Projekt „Olympische Winterspiele 2026“ legten der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl und sein Schladminger Amtskollege Jürgen Winter (ÖVP) im März 2018. Damit begann der steirische Traum von der Ausrichtung der Spiele 2026. Zuvor hatten eine Mehrheit, bestehend aus ÖVP, FPÖ und Neos im Grazer Gemeinderat für die Bewerbung gestimmt. Die Opposition bestehend aus SPÖ, Grünen und KPÖ stimmte geschlossen dagegen. Für die Einen ist es ein Traum, für die Anderen ist es ein absolutes NoGo, dass Graz 2026 als Host City bei den Winterspielen auftritt. Wartet statt einem Abenteuer der finanzielle Albtraum? Die Zahlen der letzten Gastgeberstädte Pyeongchang mit 8,3 Milliarden Euro und die Rekordinvestitionen von 40,8 Milliarden Euro in Sotschi, schrecken die Grazer Opposition ab.
ENTSCHEIDUNG DES VOLKES
Soll doch das Volk entscheiden. Immerhin muss das Volk mit den Folgen zurechtkommen, die entstehen könnten. Mit der Frage „Soll sich die Stadt Graz weiter dafür einsetzen, Host City (Gastgeberstadt) und Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2026 zu werden?“, hat die Grazer KPÖ eine Aktion gegen Olympia gestartet und bereits drei Viertel der benötigten 10.000 Unterschriften gesammelt, um die erwünschte Volksbefragung durchsetzen zu können. Politisch bindend ist diese Volksbefragung jedoch nicht. Eine Verbindliche könnte nur der Landtag festlegen. Der Innsbrucker Olympia-Traum war im Oktober schon durch eine Volksbefragung zerplatzt. Eine große Gefahr ist, dass die Mietkosten und Grundstückspreise sowohl für die Stadt Graz als auch für das Land Steiermark durch Olympia eklatant ansteigen. Das zeigt die Erfahrung vergangener Olympic-Host-Cities, in denen die Preise um bis zu 30% in die Höhe geschnellt waren.

DAS FÜR UND WIDER
Pro-Olympia-Akteur_innen haben als Antwort die Initiative „Austria 2026“ auf die Beine gestellt. Diese wird vom Österreichischen Olympischen Komitee und Athlet_innen für Olympia in der Steiermark unterstützt. Sie weisen die Anschuldigungen der Opposition zurück und verweisen auf die Nachhaltigkeit der steirischen Bewerbung. Man wolle sich vom olympischen Gigantismus distanzieren, indem man alle verfügbaren Sportanlagen in Österreich in Anspruch nähme, um keine Neuinvestitionen in Infrastruktur- und Stadtentwicklungsprojekte tätigen zu müssen. ÖVP-Bürgermeister Nagel hofft mit dem sparsamen Konzept für die Spiele auch beim Olympischen Komitee auf offene Ohren zu stoßen und sagte dem Deutschlandfunk gegenüber: „Wenn das IOC sagt: Nein, wir veranstalten lieber woanders wieder gigantonomische Spiele, dann haben sie, wenn ich so sagen darf, aber auch ihre Glaubwürdigkeit verloren.” Gemäß dem Motto „Einer für Alle, Alle für Einen“ rechnet die Grazer Stadtregierung mit einer Finanzierung, die vom Bund, Land, Stadt und teilnehmenden Gemeinden gemeinsam getragen wird. Sowohl SPÖ, als auch Grüne haben daran ihre Zweifel – Sie gehen davon aus, dass sich die Bewerbung quasi von allein erledigen wird, da die finanziellen Mittel in der Murstadt nicht vorhanden sind. „Die Situation ist klar: Die Steiermark hat über fünf Milliarden Euro Schulden, Graz hat über eine Milliarde Euro Schulden – aus dieser Sicht ist es für Graz nicht möglich, derartige Spiele auszurichten.” machten die Grünen deutlich. Auch Michael Ehmann (SPÖ) zeigte sich kritisch: „Die Informationen sind zumindest für jene nicht zugänglich, die ob der milliardenteuren Visionen des Bürgermeisters nicht in Jubelkundgebungen ausbrechen. Es ist auf keinen Fall vertrauensfördernd, wenn ein solches Milliardenprojekt als geheime Verschlusssache gehandelt und jegliche Transparenz verweigert wird.” Einen genauen Plan für die Veranstaltung der Winterspiele hat die Grazer Regierung noch nicht vorgelegt. Klar ist jedoch, dass auch das IOC in der Organisation und Betreuung der Olympischen Spielen Mitspracherecht besitzt. Finanziell sind die Städte jedoch allein verantwortlich. Das IOC kommt nicht für die Kosten auf, kontrolliert aber alle Rechte, profitiert von den olympischen Symbolen und beansprucht einen beträchtlichen Anteil der Sponsoren- und Medieneinnahmen. Städte bewerben sich weiterhin um das Recht, Olympische Spiele auszutragen, wobei sie keine Gewissheit haben, ob ihre Kosten gedeckt werden. Wichtig ist ihnen vor allem die weltweite Ausstrahlungskraft, betonen Befürworter, so auch im wintersportbegeisterten Österreich.
LAUFENDE ERMITTLUNGEN
In der Vergangenheit war das IOC in mehrere Skandale verwickelt: Ihnen wurde Korruption und problematischer Tickethandel vorgeworfen. Bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro wurde dem ZDF ein Schreiben von Rios Organisationskomitee (OCOG) zugespielt, aus dem hervorgeht, dass das irische olympische Komitee (OCI) um den Skandalfunktionär Patrick Hickey vor den Sommerspielen 844 Top-Eintrittskarten auf direkte Anweisung des IOC erhielt. Hickey, der als langjähriges und hochrangiges IOC-Mitglied gilt, steht unter Verdacht, Olympia-Eintrittskarten aus dem OCI-Kontingent zum überteuerten Weiterverkauf an die Ticket- und Hospitality-Firma THG weitergegeben und sich daran bereichert zu haben. Dem ZDF liegt eine Mail Hickeys an THG-Chef Marcus Evans vor, in der der OCI-Präsident bestätigte, Evans könne die zusätzlichen Tickets „alle nutzen“. Der jetzige IOC-Präsident Thomas Bach sei ebenfalls in diesen Skandal verwickelt gewesen. Hickey hat sich vor den Spielen zweimal per SMS an Bach gewandt, um nochmals Hunderte weitere Eintrittskarten für Top Events wie Eröffnungsfeier oder Fußball-Finale zu sichern und hatte diese nur 14 Tage später erhalten. Ob Bach direkt in den Fall verwickelt war, ist unklar. Fest steht, dass die brasilianische Staatsanwaltschaft mithilfe des FBIs in diesem Fall ermittelt und dass der Druck auf das IOC und Thomas Bach steigt. Die Bewerbung der steirischen Städte Graz und Schladming ist trotz allem fix, ob beide gemeinsam den internationalen Bewerberstatus erhalten, wird sich allerdings erst im Herbst 2018 entscheiden, ein Jahr später kommt es zur endgültigen Vergabe.