Für das Wintersemester 18/19 wird erstmals seit einigen Jahren ein merklicher Rückgang an Erstsemestrigen an sämtlichen öffentlichen Universitäten Österreichs verzeichnet.
Die Universität Graz hatte zuletzt im Jahr 2008/09 so wenig Ersteingeschriebene wie in diesem Jahr. Wie kommt es zu dieser Entwicklung und wie steht sie in Relation zu aktuellen bildungspolitischen Veränderungen?
Nicht alle Studieninteressierten sind mit den gleichen Voraussetzungen gesegnet. Während der eine ohne Bedenken beginnt sein Studium zu planen, muss die andere erst sämtliche Faktoren miteinbeziehen, um zu determinieren ob das Studium überhaupt leistbar ist. Um sich das Studium dennoch finanzieren zu können, gehen (laut der Sozialerhebung 2015) mittlerweile mehr als 60 % der Studierenden einer Nebenbeschäftigung nach, 75 % der erwerbstätigen Student_innen sehen sich aus einer finanziellen Notwendigkeit heraus dazu gezwungen. Nicht selten treten Schwierigkeiten in der Vereinbarung von Studium und Beruf auf, wodurch es zu einer Verzögerung im Studium kommt. Nachdem berufstätige Student_innen sich seit diesem Semester nicht mehr vom Studienbeitrag befreien lassen können, gibt es nun die nächste Baustelle im System. Einzelne Universitäten haben dieser jedoch entgegengewirkt, die Karl-Franzens Universität hat beispielsweise eigens dafür ein „Studienabschluss –Stipendium“ eingerichtet. (Nähere Informationen dazu unter : https://studienabteilung.uni-graz.at/de/studienbeitrag/studienabschluss-stipendium-fuer-erwerbstaetige-studierende/)
Trotz zahlreicher Stipendien und Förderungen für finanziell schwächere Student_innen, zeugt auch die Vergabe dieser nicht immer von Fairness. So wird beispielsweise bei der Berechnung der Studienbeihilfe lediglich eruiert in welchem Maße die Eltern unterstützen könnten, was keineswegs heißt, dass sie dies auch tatsächlich umsetzen. Eine Vielzahl an Studierenden qualifiziert sich genau aus diesem Grund nicht für die Beihilfe und so gleiten auch einkommensschwache Studierende immer wieder ohne Unterstützung durchs System. Auch der Bildungsstand der Eltern ist noch heute ein großer Einfluss auf den weiteren Bildungsweg eines Kindes, denn die Wahrscheinlichkeit zu studieren ist für ein Akademikerkind um ein Vielfaches größer, als jene eines Arbeiterkindes.
In der Hinsicht sind die aktuellen Entwicklungen bezüglich universitärer Zugangsbeschränkungen äußerst bedenklich, führen sie doch dazu, dass vorwiegend Kinder von Nicht-Akademikern benachteiligt werden, da Akademikerkindern meist bessere Chancen in der Vorbereitung für jene Tests zur Verfügung stehen. Somit wirken sich Einschränkungen in der Zulassung und in weiterer Folge weniger Studienplätze nicht nur massiv auf die soziale Zusammensetzung der Studierenden aus, auch das eigentlich anzustrebende Ziel eines freien und offenen Hochschulzugangs für alle, unabhängig ihres sozialen Hintergrunds, wird mittels solcher Barrieren immer mehr zunichte gemacht.
Überlegt man sich nun -in Bezug auf Bildungschancengleichheit- „Quo vadis Austria?“, so muss die Antwort anhand des derzeitigen Stands leider lauten: Eindeutig in die falsche Richtung. Aktuelle Entwicklungen, an welchen auch die derzeitige Regierung maßgeblich beteiligt ist, demontieren das gerechte Bildungssystem und gefährden im weiteren Sinne unsere Gesellschaft, in zwei Klassen gespalten zu werden. Diesem Geschehen entgegenzuwirken und aktiv dagegen anzukämpfen liegt im Interesse aller Studierenden, die für freie Bildung plädieren und gegen soziale Selektion im Hochschulbereich sind.
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